All-ein? Zölibat und Beziehung
Es macht die Not unserer Existenz aus, daß sie alle Lebensvollzüge
degradieren kann. Es gibt die Zweckgemeinschaft Ehe, den Selbstgenuß
im Sex, das frustrierte, leergewordene Zölibat, die erzwungene,
lähmende Einsamkeit.
Zölibat ist unlebbar außerhalb von Beziehung. Aber welchen Charakter
trägt sie? Solange Zölibat als Machtmittel der Disziplinierung
verstanden wird, solange es funktional für den familienunabhängigen
Einsatz gesehen wird, hat es den archimedischen Punkt nicht erreicht,
auf dem sich die Existenz aus den Angeln heben (oder besser: darin
befestigen) läßt. Welchen Punkt? "Liebe. Man verlegt den Mittelpunkt
aus sich selbst heraus." (Simone Weil)
Zölibat kann nur um einer großen Liebe willen gelebt werden. Aber ist
sie nicht gerade an entscheidender Stelle, im Leib, eingeschränkt? Ja,
aber eben um einer großen Liebe willen. Es ist die Spannung auf
Christus, die dem Leben die weitausholende Gebärde gibt. Das Warten
auf den Messias unterläuft das Geschlecht auf eine kommende Freiheit
hin. "Die allein können wahrhaft feiern, die zuvor gefastet haben; die
allein wissen die Welt richtig zu gebrauchen, die gelernt haben, sie
nicht zu mißbrauchen; die allein werden sie erben, die sie ansehen als
einen Schatten der künftigen, und um dieser künftigen willen ihr
entsagen." (John Henry Newman) Die also mit allem, das Christus ist,
mitten in der Entsagung eins sein wollen: all-ein.
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16:30 - 17:00 Uhr

Hanna Barbara Gerl-Falkovitz
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